Der Tiki Becher: Südsee Flair in einem Glas
Vielleicht kennen Sie diese seltsam anmutenden, fratzenhaften Gesichter auf Keramikbechern und fragen sich, warum man so etwas zu Hause stehen hat und wer diese Gefäße herstellt? Die Antwort ist ganz simpel – es handelt sich hier um sogenannte Tiki-Becher. Sie sind fester Bestandteil der Cocktail-Kultur und perfekt geeignet für exotische Tiki Drinks.
Doch was genau ist Tiki eigentlich und woher kommt diese exotisch, aber auch befremdlich anmutende Optik der Tiki-Becher und Verzierungen?
- Die Entstehung der Cocktail Kategorie
- Die Tiki-Becher und Schnitzkunst
- Bekannte Cocktails
Die Entstehung der Cocktail Kategorie
Angeregt von den mystischen und verklärten Erzählungen vom Südpazifik, den Inseln um Hawaii, Neuseelands und Polynesiens, gründet die Tiki-Kultur vor allem auf einer Idee des Südsee-Feelings und der paradiesischen Umstände in diesen Regionen. Mit Palmenblättern, Bast und kleinen Bambushütten wird ein Stück des Insellebens in die moderne US-amerikanische Großstadt getragen und dort in ein exotisches Erlebnis für einen Abend verwandelt.
Zumindest wird das importiert, was Reisende auf ihren Ausflügen an Eindrücken gewinnen konnten. Anfang 1930 waren das nur äußerst wenige, die überhaupt in die Verlegenheit gerieten, eine solche Reise zu unternehmen. Die Geschichten und Impressionen, die diese Abenteurer dann mit in die Heimat zurückbrachten, beschönigten das Bild vor Ort und verwandelten es in ein „Paradies“. So lautete auch das Motto der ersten Tiki-Bar in Kalifornien:
„Wenn ihr schon nicht ins Paradies kommen könnt, dann bringe ich das Paradies zu euch!“
Don the Beachcomber
Um diesen Mann ranken sich so einige fantastische Geschichten. Was jedoch als Fakt besteht, ist sein tatsächlicher Name Ernest Raymond Gantt, später dann umbenannt in Donn Beach, und seine Rolle als Gründungsvater des Tiki-Kults in Kalifornien und den ganzen USA.
„Don der Strandräuber“ eröffnete 1933 nach Aufhebung des Alkoholverbots in den USA eine Bar. An diese Bar im Stadtteil Hollywood wurde in kurzer Zeit noch ein Restaurant angegliedert. Der Hauptbestandteil des Ladens galt allerdings weiterhin den außergewöhnlichen Cocktails Donn Beachs. Er begann mit verschieden gemischten Rum-Cocktails, die besonders dadurch an Beliebtheit gewannen, weil sie ausfallend mit tropischen Früchten garniert waren. Im Laufe der Jahre kreierte Donn Beach noch viele neue Variationen aus Fruchtsäften und Spirituosen, deren Namen und Rezeptur bis heute in den meisten Bars geläufig ist.
Auch in den 1950er noch etablierten sich viele Restaurants in der „Don The Beachcomber“-Kette in den gesamten Vereinigten Staaten. Der Gründer selbst hingegen zog auf Hawaii.
Die Tiki-Becher und Schnitzkunst
Die Tiki-Kultur begann Ende der 50er Jahre. Seitdem sind die besonders gestalteten Becher in jeder kultigen Bar zu finden. Das außergewöhnliche Erscheinungsbild der Becher setzt jeden Cocktail optimal in Szene.
Die skurrile Optik der Becher mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, ist allerdings eine Kunstform der ganz besonderen Art. Die auf den Bechern oder teils auch modernen Gläsern dargestellten Gesichter oder Körper entstammen den indigenen Kulturen Ozeaniens. In der Sprache der Māori in Neuseeland und Polynesien bedeutet „Tiki“ so viel wie „Erster Mensch“. Die geschnitzten Bildnisse stehen im Glauben vor allem dafür, dass die Gebete der Māori erhört werden und sie vor Unglück bewahrt.
Tiki-Figuren werden stets mit überproportionalem Kopf dargestellt und besitzen zu Fratzen verzogene Gesichter. Viele Figuren sind mit Ornamenten am ganzen Körper versehen, welche die rituellen Tätowierungen der Priester abbilden.
Die bekannten Tiki-Cocktailbecher hingegen haben nichts mit dem spirituellen Ursprung gemeinsam. Sie sind neben unzähligen weiteren Gegenständen der Tiki-Kultur ein hübsch verziertes Accessoire für eine Bar oder das Eigenheim um die Fantasie und das Fernweh der Gäste zu beflügeln. Aus Ton geformt findet man diese reich dekorierten Tiki-Becher in allen möglichen Farben, Größen und Ausführungen zu kaufen. Eine moderne Erscheinung sind mittlerweile die Tiki-Becher aus Glas, die ebenfalls ein wahrer Hingucker auf der Theke sind.
Platz für einen beliebigen Cocktail oder Longdrink findet sich darin auch allemal. Da Tiki Cocktails meist sehr starken und viel Rum enthalten werden sie mit viel Crushed Eis serviert. Dieses hält den Cocktail lange kalt und gibt ihm die nötige Verdünnung durch Schmelzwasser für einen runden Geschmack. Durch die dicken Tonwände wird die Kälte lange im Becher gehalten.
Bekannte Cocktails
Die meisten Tiki-Cocktails sind, wie ursprünglich von Donn Beach eigens kreiert, auf Rum-Basis gemischt. Aus diesem Grund stolpert man gelegentlich auch über Tiki-Becher in Form eines Miniatur-Holzfasses, in dem Rum gelagert wurde. Nun aber die hauptsächliche Frage: Wie wird im Tiki-Becher serviert und welche Cocktails trinkt man daraus?
Der Tiki-Becher mit seiner breiten Öffnung und hohen Statur eignet sich hervorragend für auffallenden, tropischen Dekor mit farbenfrohen Südfrüchten. Aufgesteckte grüne Blätter wie zum Beispiel von Minze, Zitronengras oder Ananasblättern verleihen der Tiki-Figur ein mystisches, ausdrucksstarkes Aussehen. Tiki Drinks überzeugen als Gesamtkreation aus Cocktail, Becher und Garnitur.
Einen Piña Colada findet man zwar verhältnismäßig selten in einem Tiki-Becher, allerdings wird er hier noch bedeutend besser in Szene gesetzt. Dieser unschlagbar fruchtige, cremige Sommerdrink aus Ananassaft, Kokoscreme und weißem Rum wird nach ausgiebigem Mixen in den Becher gegossen und extravagant mit Ananasscheiben und -blättern geschmückt.
Weniger bekannt, dafür umso origineller ist der Cobra's Fang – ein Tiki-Cocktail, der vom Gründungsvater Donn Beach erstmal kreiert und verkauft wurde. Auch hier stellt die Basisspirituose abermals Rum dar. Verdünnt und aufgewertet wird dieser mit Säften aus Orange und Limette zusammen mit Falernum, einem süßen Likör, und Bitter. Das Rezept des Cobra's Fang zählt zu den Vintage-Tiki-Cocktails und markiert einen echten Klassiker der damaligen Zeit.
Zu guter Letzt bleibt noch der Zombie Cocktail stehen, der seinem Namen alle Ehre macht. Den erhielt er von einem Freund von Donn Beach, der sich nach drei dieser Cocktails wie ein Zombie durch Los Angeles lief. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn dieser Drink birgt um die 20 Volumenprozent, mehr als doppelt so viel wie die üblichen Mischgetränke. Bestehend aus mindestens drei Sorten hochprozentigem Rum, etablierte Donn Beach diesen Tiki-Cocktail als einen der ersten auf seiner Menükarte 1934. Neben dem vielen Alkohol verleihen Maracuja, Grenadine, Orange, Zitrone und Bitter dem Drink einen ausgewogenen Geschmack.
Passend zum Namen des Cocktails hinterlässt auch das Gesicht auf dem Tiki-Becher einen ähnlichen Eindruck.